Küstenrückzug als Klimaanpassung - Kommunen im gegenseitigen Austausch
Die Entwicklung zukünftiger Strategien für den Umgang mit Küstenrückzug in den Küstengebieten stand im Mittelpunkt, als sich mehrere dänische Kommunen im Rahmen des ClimateBlue-Projekts zu einem Netzwerk- und Austauschtreffen trafen.
Am Mittwoch, dem 5. November, veranstaltete ClimateBlue ein Netzwerk- und Austauschmeeting, bei dem sich mehrere dänische Kommunen und weitere Interessensgruppen trafen, um über Klimaanpassung und Bürgerbeteiligung zu sprechen.
Es war ein wirklich guter Tag, an dem wir hören konnten, was in den anderen Kommunen passiert
Der Tag begann mit einer Begrüßung durch die Projektleiterin Svenja Jaffari, gefolgt von Beiträgen fünf verschiedener Kommunen, die über ihre Herausforderungen und ihre Arbeit in Bezug auf Klimaanpassung in ihren jeweiligen Küstengebieten berichteten.
Die Küste im Fokus
Jette Vindum von der Kommune Vejle erklärte, dass die Kommune sich insbesondere auf die Küstengebiete entlang des Vejlefjords fokussiert, da diese bereits deutliche Anzeichen von Veränderungen zeigen. Neben der Gefahr von Überschwemmungen in niedrig gelegenen Küstenbereichen kämpft die Kommune auch mit Hangrutschungen an mehreren Stellen entlang des Fjords.
Die zunehmenden Niederschläge der vergangenen Jahre haben den Boden stärker wassergesättigt, was zu Erosion und Erdrutschen geführt hat und unter anderem zu Setzungsschäden an Häusern führte.
Daher startet die Kommune Vejle im kommenden Jahr einen Prozess zur Erarbeitung einer Küstenstrategie für den Zeitraum 2028–2030. In diesem Zusammenhang wünscht sich die Kommune Unterstützung von ClimateBlue – unter anderem bei der Entwicklung von Zukunftsszenarien und Visualisierungen.
Im Rahmen dieser Arbeit haben die Kommune Vejle, die Königlich Dänische Akademie der Wissenschaften, das Küstendirektoriat (Danish Coastal Authority) und ClimateBlue einen Workshop mit lokalen Bürgerinnen und Bürgern zum Wandel der Küstenlandschaft und den Auswirkungen des Klimas durchgeführt.
Dort diskutierte man die Frage: Wie leben wir an der Küste in einer Zeit des steigenden Meeresspiegels und extremer Wetterereignisse?
45 engagierte Bürger:innen nahmen am Workshop teil und tauschten sich über ihre Sorgen und Zukunftsvisionen aus. Diese Rückmeldungen gaben der Kommune wertvolle Einblicke in die Perspektiven der Einwohner:innen zur Klimaanpassung und zu den Küstengebieten der Zukunft.
Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern
In der Kommune Haderslev gibt unter anderem Herausforderungen durch Sturmfluten, steigenden Meeresspiegel, Erosion und Starkregen. Die Kommune verfügt über eine 120 Kilometer lange Küstenstrecke, die sich überwiegend aus Ferienhausgebieten, Campingplätzen und Landwirtschaftsflächen zusammensetzt, wie Thea Østergaard Bechshøft, Partnerin bei ClimateBlue, erläuterte. In einigen der Ferienhausgebiete besteht ein starkes Gefühl der nachbarschaftlichen Zusammengehörigkeit, sodass die Kommune häufig mit größeren Gruppen kommunizieren muss.
Rund um Blokhusskoven, Kelstrup Strand und Hejsager Strand kam es zu Kommunikationsproblemen zwischen Kommune und Bürgern. Das Projekt in diesem Gebiet umfasst den Bau verschiedener Deiche. Der Dialog mit Bürger:innen fand über ein Dialogforum statt, was bei vielen den Eindruck erweckte, dass sie ein größeres Mitbestimmungsrecht hätten, als tatsächlich vorgesehen war.
Daher möchte die Kommune Haderslev Unterstützung von ClimateBlue – unter anderem bei der Entwicklung und Erprobung neuer Strategien und praktischer Werkzeuge sowie zur Stärkung des Dialogs mit Bürgern und Politik.
Das Dilemma der ersten und zweiten Reihe
Alma Skjold Knudsen von der Kommune Kolding berichtete, dass sie an der Hochwassersicherung im Gebiet Binderup-Grønninghoved arbeiten. Das Projekt umfasst mehr als 500 Ferienhausgrundstücke, elf Grundeigentümervereinigungen, zwei Wegeverbände und drei Gewerbetreibende.
In einem Teil des Projektgebiets steht die Kommune vor einem Dilemma: Die Häuser in der zweiten Reihe können nicht geschützt werden, ohne einen Schutzwall zu errichten, dessen Höhe die Wünsche der Eigentümer in der ersten Reihe übersteigt.
Während man auf eine Lösung hinarbeitet, warten andere Grundstückseigentümer auf zeitnahe Maßnahmen – was Geduld und Zusammenhalt im Gebiet belastet und die Frage aufwirft: Wie kann die Kommune allen Wünschen gerecht werden und dennoch Fortschritte erzielen?
Verspätete Warnungen
Während der Sturmflut 2023 wurde für Strib Nordstrand in der Kommune Middelfart keine Gefahrenwarnung ausgegeben. Als die Sturmflut eintraf, wurde die Kommune jedoch von mehreren Mitbürgern angerufen, deren Häuser unter Wasser standen. Da keine Risiken frühzeitig erkannt worden waren, wurden keine Sandsäcke ausgegeben. Nach dem Ereignis fühlten sich viele Bürger:innen verwundbar und haben provisorische Schutzmaßnahmen errichtet.
Im Ferienhausgebiet Varbjerg Strand kommt es sowohl durch Hochwasser als auch durch einen Wasserlauf zu Überschwemmungen. Die Kommune arbeitet dort an zwei Projekten, die jeweils den Bau eines Erddamms umfassen. Die Projekte sind seit vielen Jahren in Planung, doch es herrschte große Uneinigkeit über gemeinsame Lösungen, was bei vielen Bürgern zu erheblicher Unzufriedenheit führte.
Wir wissen, wie schlimm es ausgehen kann, wenn wir die Bürger und Bürgerinnen nicht einbeziehen
Unterstützung bei der Bürgerbeteiligung
In der Kommune Guldborgsund zeigt sich, dass Bürger:innen unterschiedliche fachliche und methodische Ansätze zur Küstenschutzplanung verfolgen. Einige bevorzugen naturbasierte Lösungen, andere eher traditionelle, harte Schutzbauwerke. Zudem wird der Projektumfang unterschiedlich eingeschätzt. Dies zeigt sich unter anderem in der Bewertung der Anlagentypen, Prioritäten und des übergeordneten Projektrahmens.
Die Kommune hat einen strategischen Klimaanpassungsplan für Nykøbing Falster erstellen lassen und ist – aufgrund der Vielfalt der Bürgergruppen – sehr daran interessiert, Inspiration, Wissen und Unterstützung durch ClimateBlue zu erhalten, wenn im kommenden Jahr die Arbeit zur Bürgerbeteiligung beginnt.
5 Mal Warum-Workshop
Nach dem Mittagessen folgten drei Vorträge zu Küstenprojekten aus den Kommunen Solrød, Tønder und Faaborg-Midtfyn, jeweils mit Fokus auf Küstennutzung und bedarfsorientierten Anpassungslösungen.
Anschließend diskutierten alle Teilnehmenden an drei Gruppentischen darüber, ob Rückzug eine mögliche Lösung sein könnte – und falls ja, wie man die Dialoge dazu beginnen könnte. Im Workshop wurde mit der Innovationsmethode 5 x WHYs gearbeitet, bei der durch wiederholtes Fragen nach dem „Warum“ das Kernargument herausgearbeitet wird.
Darauf aufbauend entwickelten die Teilnehmenden drei unterschiedliche Lösungsansätze für ihre jeweilige Innovationsherausforderung: einen politischen, einen kommunikativen und einen lokalen Ansatz. Ziel war es, die Akzeptanz für Küstenrückzug und die Idee, Land an das Meer zurückzugeben, zu erleichtern. Alle Teilnehmenden arbeiteten engagiert mit, und es entstanden zahlreiche wertvolle Ideen.
„Es war großartig, wirklich in den Arbeitsmodus zu kommen und zu sehen, wie man mit Rückzug arbeiten kann“, sagte Ida Pedersen von der Kommune Faaborg-Midtfyn abschließend, bevor die Teilnehmenden mit neuem Wissen und neuen Kontakten zu ihren Kommunen zurückkehrten.